Pflegende Angehörige: Pflege und Erziehung unter einen Hut bringen

Pflegende Angehörige: Pflege und Erziehung unter einen Hut bringen

Die Kinder sind noch nicht aus dem Haus und zeitgleich werden die eigenen Eltern oder Schwiegereltern pflegebedürftig: Der vermeintliche Super-GAU ist sicherlich nicht einfach zu managen. Allerdings ist es auch nicht unmöglich, beides unter einen Hut zu bringen.

Doppel- und Dreifachbelastung für pflegende Angehörige

Die eigenen Kinder erziehen und versorgen, Geld verdienen und zeitgleich Vater, Schwiegervater, Mutter oder Schwiegermutter pflegen. Für viele Menschen ist diese Situation Realität. Damit der enorme Druck, unter dem pflegende Angehörige leiden, nicht zu dauerhaften psychischen Problemen führt, sollten Erziehung und Pflege gut organisiert werden. Auch regelmäßige Auszeiten sind Pflicht.

Pflege: ein individuelle Entscheidung

Eine pauschale Antwort auf die Frage, wie man die Pflege von Angehörigen idealerweise organisiert, gibt es nicht. Viel zu unterschiedlich ist der individuelle Pflegebedarf bei Krankheiten wie Krebs, Demenz oder schweren Störungen des Bewegungsapparates. Ebenso unterscheiden sich die finanziellen Voraussetzungen und Wünsche der Pflegebedürftigen.

Ein häufiger Wunsch besteht in jedem Fall darin, den Umzug ins Pflegeheim zu vermeiden. Und das nicht nur aus rein persönlichen, sondern auch aus finanziellen Gründen. Angaben des vdek zufolge liegt der Eigenanteil an einem Pflegeplatz bei durchschnittlich 2.000 Euro monatlich. Wie hoch die tatsächlichen Kosten ausfallen, hängt von der gemäß Pflegegrad gestaffelten Beteiligung der Pflegeversicherung ab.

Häusliche Pflege nachhaltig managen

Entscheidet man sich für die häusliche Pflege, zahlt die Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld an den oder die pflegebedürftige Person aus. Auch hier richtet sich die Höhe nach dem jeweiligen Pflegegrad (früher: Pflegestufe).

Eine Pflicht, das Pflegegeld an die Angehörigen weiterzugeben, besteht für Betroffene übrigens nicht. Dennoch kann es in der Praxis sinnvoll sein, das Geld weiterzuleiten – vor allem, wenn die Situation im Berufsleben der Angehörigen unter der Pflegesituation leidet. Weder Angehörige noch Pflegebedürftige müssen das Pflegegeld versteuern.

Vereinbarkeit von Erziehung und Pflege: Auszeiten zulassen

Wer die Pflege der Angehörigen zeitlich und emotional, zum Beispiel weil man gleichzeitig noch eines oder mehrere Kinder versorgen muss, nicht alleine schafft, sollte sich um Hilfe bemühen.

Unterstützung erhält man beispielsweise von ambulanten Pflegediensten. Diese können zu fest definierten Terminen vorbeischauen und gewisse Pflegetätigkeiten übernehmen. Zertifizierte Anbieter rechnen ihre Leistungen direkt mit den Pflegekassen ab.

Wichtig zu wissen: Das Pflegegeld wird unter Umständen gekürzt, wenn man einen Pflegedienst beauftragt. Werden Pflegesachleistungen und Pflegegeld kombiniert, spricht man von einer sog. Kombinationsleistung.

Auch eine nicht medizinisch geschulte Haushaltshilfe dient der Entlastung pflegender Angehöriger. Etwaige Kosten können beispielsweise über das Pflegegeld gedeckt werden.

24-Stunden-Betreuung bei hohem Pflegebedarf

Bei besonders schweren Formen von Demenz und anderen Erkrankungen kann eine Rundum-Betreuung notwendig sein. Wer seinen Angehörigen dennoch ermöglichen will, die letzten Jahre in der gewohnten Umgebung verbringen zu dürfen, zugleich aber begrenzte zeitliche Ressourcen hat, sollte die Unterstützung eines 24-Stunden-Pflegedienstes beanspruchen.

Ebenso wie die stundenweise Betreuung, wird auch die 24 Stunden Pflege von zertifizierten Anbietern über die ambulanten Sachleistungen direkt mit der Pflegekasse abgerechnet.

Kurzzeit- und Verhinderungspflege

Ab Pflegegrad 2 haben Betroffene bzw. deren pflegende Angehörige Anspruch auf bis zu sechs Wochen Ersatzpflege pro Kalenderjahr. Dazu steht ein separates Budget zur Verfügung. An der sog. Verhinderungspflege, bei der ein Pflegedienst die gesamte Versorgung während der Abwesenheit der Angehörigen übernimmt, beteiligt die Pflegekasse mit bis zu 1.612 Euro jährlich. Gleiches gilt für die vollstationäre Kurzzeitpflege.

Tipp: Wer auf die stationäre Kurzzeitpflege verzichtet, kann bis zu 50 % des nicht aufgebrauchten Budgets zusätzlich für die Verhinderungspflege nutzen – insgesamt also bis zu 2.418,00 Euro jährlich.

Familienpflegezeit nehmen

Wer nicht nur die Kinder und pflegebedürftige Angehörige versorgen muss, sondern darüber hinaus in einem Angestelltenverhältnis erwerbstätig ist, darf die wöchentliche Arbeitszeit für die maximale Dauer von 2 Jahren auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzieren. Etwaige Lohnverluste lassen sich durch ein Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) ausgleichen. Das Darlehen ist zinslos.

Pflegestützpunkte: Beratung und Hilfe vor Ort

Wer weitere Fragen zur Pflege hat, wird bei den regionalen Pflegestützpunkten der Pflege- und Krankenkassen ausführlich beraten. Außerdem können sich Angehörige und Betroffene an das Bürgertelefon des Bundesgesundheitsministeriums wenden.

Bewertungen: 4.9 / 5. 23